Ökologischer Weinbau – Keine Macht den Drogen!
Ökologoischer Weinbau war in den 70er Jahren noch weitgehend ein Fremdwort. Nicht nur Anhänger der Hippie-Bewegung waren offen für Chemie, auch der Winzer fand daran gefallen. Das sieht heute anders aus.
Überregional | WeinmacherStreift man heute durch einen Weinberg, grünt und blüht es vom Frühjahr bis in den Herbst. Wüsste man es nicht besser, würde man sich in einem Caspar David Friedrich-Gemälde wähnen. Doch dieses wildromantische Spektakel bietet sich erst seit den 1980er Jahren. Zuvor vermuteten viele Landwirte hinter Unkraut in der Regel Parasiten, die den Reben wichtige Nährstoffe stahlen. Entsprechend fanden mineralische Kunstdünger den Weg gen Weinberg und sorgten für schnelle Erfolge.
Kind an Rebe greift an Traube
Bildquelle: Paul Hanaoka Unsplash, Kind an Rebe @ Paul Hanaoka Unsplash, CC0 1.0
Zum Hintergrund: Aus Misch- wurden Monokulturen. In den 1960er Jahren schafften viele Bauern ihr Vieh ab, konzentrierten sich ausschließlich auf den Weinbau. Doch ohne Dung fehlte den Reben die Abwehr. Die Lösung: mineralischer Dünger (z.B. mit Stickstoff, Kali, Eisensulfat). Die einfache Anwendung entlastete den Winzer ungemein. Verständlich, bedenkt man, dass Laub in den 1960er und -70er Jahren noch mit einer motorisierten Heckenschere zu Leibe gerückt werden musste und zur Bodenbearbeitung ein seilzugbetriebener Pflug und eine Hacke zum Einsatz kamen. Düngemittel konnten dagegen unkompliziert durch Sprühgeräte verspritzt werden, über großflächigen Anbaugebiete wurden Agrarflugzeuge eingesetzt.
Der Einsatz von mineralischen Düngern war eine immense Arbeitsentlastung.
Doch die rasche, witterungsunabhängige Freisetzung und der hohe Nährstoffgehalt mineralischer Dünger begünstigten Pflanzenschäden durch Überdüngung, Nährstoffe wurden ausgewaschen und gelangen in Boden und Grundwasser.
Der Winzerberuf ist hart und der Ertrag nicht immer kalkulierbar, trotzdem arbeiten die meisten Winzer im Einklang mit der Natur und verzichten auf manche Annehmlichkeit.
Heute setzen Winzer nach Möglichkeit organische Dünger ein. Es ist selbstverständlich, dass die Rebstöcke, wenn auch kontrolliert, begrünt sind. Mit Bedacht werden verschiedene Pflanzen gesät, um natürliche Lebensgemeinschaften zu fördern. In Hecken oder Trockenmauern nisten Vögel, leben Spinnen und andere Nützlinge, die den Weinberg von Schädlingen sauber halten. Ein sich selbst regulierendes Ökosystem geht mit geringerem Ertrag einher, mit mehr Arbeitsaufwand und viel Handarbeit. Dafür werden gehaltvollere Weine mit Lagerpotential, mit größerem Säurespektrum und einer Fülle von Aromen auf die Flasche gebracht.
Wein herzustellen, der - soweit es möglich ist - im Einklang mit der Natur entsteht, der die Bedürfnisse der Rebe deckt und das Ökosystem schützt, ist mühsam, doch dafür der Umwelt und dem Verbraucher gegenüber fair. Es braucht viele diffizile Arbeitsschritte, Wissen und Verantwortung sowie die Ausdauer Widerstände zu bezwingen, um die Traube in einen feinen Tropfen zu verwandeln. Der Winzer muss schnell handeln, kommt z.B. Frost im März - und mit Ertragseinbußen rechnen, ist der Sommer naß-grau.
Sich das bewusst zu machen, hilft die Preispolitik eines Winzers zu verstehen. Ein Wein aus dem Supermarkt für 3,50 EUR muss nicht schlecht schmecken, aber schmecken einem auch die Bedingungen, zu denen er hergestellt wurde?